Spiritualitaet, Beziehungen und entartete Psychoanalysen

  • Ich bin schon gespannt, was du als Frau zu diesen Themen zu sagen hat. Das, was ich bisher von Männern gehört und gelesen habe, war für mich reichlich verquer. :Confused:


    Ja ... das ist schon so eine Sache.
    Im Mysnip-Forum gab es dazu auch ein geschütztes Forum und eines, das nur für Frauen bestimmt war.


    Ursprünglich hätte ich die Theorie die es da gibt, etwas aufarbeiten wollen, doch leider zitierte der Teilnehmer den ich dafür geeignet hielt, ziemlich schnell viele Texte, bei denen es mir zeitlich unmöglich war, es mit ihm durchzugehen. Und schlußendlich kam ich darauf, dass er theoretisiert und keine praktischen Erfahrungen damit hat. Das führte wohl dazu, dass ohne Reflektion die Texte wie neue Infos kamen (nona), allerdings wurden die zahlreichen Erlebnisse und Schlüsse die von vielen RohköstlerInnen gemacht wurden, nicht implementiert.
    Ich glaube eine Taktik der Gehirnwäsche (von und) an Menschen, die gerade arm an gelebter Liebe sind ist, sie mit Informationen die scheinbar schlüssig sind, zuzuschütten.


    Wer will es nicht, das Versprechen auf Liebe ohne Grenzen. Genuß ohne Grenzen. Genuß ohne Reue. Kinder ohne für sie Sorgen zu müssen.
    Oh mir kommen 100erte Aussagen zu allem von RohköstlerInnen wieder ins Gedächtnis.


    Im Frühjahr installierte ich ja nicht nur das Forum sondern suchte mir auch eine neue Arbeitsstelle in der Hoffnung auf eine Verbesserung für die Organisation meiner Privatzeit. Das forderte alleine ein paar Monate Zeitaufwand. Gerade eben bin ich in dieser Rubrik einige Beiträge durchgegangen und mich schauderte, was da alles an Streit oder auch seltsamen Dingen stand - die eigentlich gar nicht sehr bewerbend für Rohkost sind. Und das ist schade, denn es gibt in der Tat so viele gute Möglichkeiten.


    Matthäus hatte mir wohl einiges zensuiert (ich habe keine Ahnung was, aber er hat jedenfalls einiges geändert), aber was da noch alles so stand. UFF.
    Ich wollte ja nicht dauernd mit der "Beisl-Spaßbremse" kommen, aber das hat doch sehr überhand genommen gehabt. Fast habe ich den Eindruck, das Ego mancher Schreiber hat gewütet und dabei gleichzeitig die Angst, angekreidet zu werden, wenn etwas ausgeblendet werden würde. Dabei war jeder Moderator in seiner Rubrik absolut autonom. Was natürlich auch bewirkt hat, dass die Moderatoren selbst sich sehr mächtig fühlten und mitunter Recht behalten wollten.
    Es war ein interessantes Experiment, das am Schluß dann doch etwas gekracht hat.
    Aber: Es hat auch einiges zum Vorschein gebracht.


    In diesem Thema bzw in neuen Themen die ich vmtl auch dazu hier erstellen werde, werde ich davon berichten, was sich an manchen Theorien als praktikabel herausgestellt hat, und was dann doch eher Modelle sind, die sehr nachteilig für Frauen, für Kinder aber auch für Männer sind und deshalb zurecht gerne einfach ignoriert werden.
    Wenn manche (!) Männer gewisse Freiheiten möchten, sind sie sehr offen für manche Ideen. Wenn es aber um den dazugehörigen Puzzlestein geht, der auch dazugehört, kann dies mitunter zu groben Missverständnissen führen.


    Susanne, wenn du Lust hast, können wir es auch wie einen Dialog machen und immer wieder Details behandeln. Es hat denke ich keinen Sinn den ganzen Wust auf einmal zu texten .. es wird besser sein, eines nach dem anderen zu beleuchten.


    Ich fange mit meiner nächsten Antwort hier an.

  • Sodala, los gehts ... der Titel dieses Themas lautet also: "Spiritualitaet, Beziehungen und entartete Psychoanalysen"


    "Was zum Donnerwetter hat das mit Rohkost zu tun?" mag sich die geneigte Leserin oder Leser denken.
    Und ja wirklich, spirituelle Lehrer, Beziehungsvielfalt und Psychoanalyse gab es schon vor der Rohkost oder hat Ursprünge, die weit davor liegen.
    Nicht nur G C Burger hat diese drei Bereiche miteinander verbunden und zu einem Konzept gemacht, das fürs erste inspirierend klingt.

    Spiritualität


    Es ist nicht zufällig, dass spirituelle Lehrer Ernährung mit in ihr Konzept hineinbringen: Eine gute Ernährung kann auch einen klareren Kopf bringen.
    Manche behaupten sogar, Eifersucht zu vermeiden. Aber was ist Eifersucht?
    Um das zu verstehen, muss man sich die Grundgefühle ansehen, die nach Ekman "Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung" sind. Alle anderen sind Kombinationen daraus. Henner Ritter nannte überhaupt gleich nur 4 Grundgefühle in seinem Seminar, doch will ich hier nun nicht Haare spalten.


    Eifersucht besteht jedenfalls aus Traurigkeit, meist insbesondere aufgrund der Angst, etwas zu verlieren. Darin setzen viele spirituellen Lehrer an: Man lege alles ab und habe deshalb keine Angst mehr, etwas zu verlieren. So kann man auch nicht so leicht eifersüchtig werden.
    Wer roh ißt und sich selbst (bzw auch von anderen) beobachtet, merkt dass man mitunter weniger leicht ängstlich wird. Weil man im optimalen Fall durch den flexibleren Gebrauch des Gehirnes schnell neue Optionen sieht. Natürlich möchte man sich auch irgendwann einmal festlegen, denn eine gewisse Flexibilität benötigt auch mehr Energie.


    Angst und Eifersucht ist ein Thema das viele Menschen berührt - und so kommt der Bezug auch zur Rohkost.


    Man kann diesen Zusammenhang allerdings auch missbrauchen, indem man Menschen unterstellt, "nicht ganz richtig im Kopf zu sein", solange sie nicht x Jahre roh essen oder gar nie sein können, weil man erst nach mehreren Generationen wieder natürlich sei. So kann sich ein "älterer" Rohköstler eine fast nicht einnehmbare Rangstellung erhalten, die zum Teil in der "Rohkostgeschichte" durchaus auch ausgenutzt wurde. Biochemisch ist das so nicht ganz haltbar.
    Ernährung wirkt sich meist sogar sehr kurzfristig aus und ein lange gelagertes Fleisch mit hohem AGE/ALE Gehalt kann z.B. ähnliche Effekte (auch Aggressivität) wie bei Kochkost erzielen wie auch hoher Trockenfruchtkonsum etc.


    Beziehungen


    Für viele RohköstlerInnen stellt sich bei der Umstellung auf Rohkost schnell die Frage: Habe ich einen Partner und ißt er ähnlich oder suche ich evtl einen Partner oder vielleicht eine Gruppe. Viele Menschen möchten nicht gerne "alleine" roh essen im Sinne dessen, dass sie ihre Lebensweise als normal erleben möchten in Begegnungen mit anderen. Manche gehen soweit, dass sie ihre Kinder auch möglichst so aufwachsen lassen möchten.


    Da gibt es dann schnell auch mal Paare, die allerdings zuerst kaum an andere Partner denken. Meist - das kann sehr individuell sein. Ist das "Kinderprogramm" dann beendet, kann es vorkommen, dass ein Partner "auf Abwegen" geht. Das kann auch eine Protestaktion sein, um sich und den bisherigen Partner wieder attraktiver zu machen. Manchmal kann es auch ein Rettungsversuch sein. Was auch immer: Frische Paare, die ich an ein Paar vermittelte, das eine Gemeinschaft mit "offener Liebe" aufbauen wollte, wollten von "offener Liebe" bisher nie etwas wissen.


    Eines sollte allerdings klar sein: Offene Beziehungen gibt es auch in Beziehungen, deren Partner nicht roh sind und ist sehr individuell gestaltet. Polyamorie ist ein Begriff dafür.

    Entartete Psychoanalyse


    Aufbauend auf die Theorien der Psychologen Freud und Reich (Schüler von Freud), weitete G C Burger die von ihm benannte "Instinkto-Theorie", die Menschen inspirierte, mit dem Geruchsinn auszuwählen, mir offener Liebe wie allerdings auch betreffend Kinder an Erwachsenen aus. Meine Vermutung weshalb er das tat ist, weil er vmtl auch an sich selbst merkte, dass er Liebesbedarf hatte, die in seinem Fall nicht alleine durch seine Frau gestillt werden konnte. Viele Menschen in jenem Alter (aber vmtl leider auch jüngeren Alters) fühlen sich aufgrund ihrer Kindheit nicht oder nicht besonders geschätzt und geliebt. Das wäre alles soweit sogut und würde sich auch nicht mit den oben genannten spirituellen Lehrern queren, jedoch nahm er den Odipuskomplex im Sinne einer Rechtfertigungstheorie für Kinderpädophilie hinzu. Diese Worte sagte mir eine Dame aus Frankreich, als ich einmal auf Montrame war, die damals dabei gewesen war.


    Die Gemeinschaft die sich hierauf gründete, hatte allerdings noch weitere Eigenheiten: Neulinge (fast alle) hatten es eher dann gut, wenn sie homosexuelle Neigungen hatten: Denn heterosexueller Kontakt war nur "oberen" gestattet. Eine Rohköstlerin erzählte mir, dass für sie sogar auch extra eine Rohköstlerin die relativ weit entfernt lebte, ausgewählt worden war. Damit wollte sie schließlich aber dann nichts zu tun haben. Homosexualität ist nicht jederfrau/mans Sache.
    Im Vergleich mit spirituellen Bewegungen wie Baghwan gestaltete sich diese Gruppe auch weit weniger liebevoll. Möglicherweise auch wegen des starken Druckes: Hinzu kamen häufig Menschen aus zerrütteten Familien kamen UND die mit der Ernährungsumstellung auch zum Teil starke gesundheitliche Probleme hatten.
    In jener Zeit (und bisweilen heute noch) wurde gesagt, das einige Beschwerden Entgiftungserscheinungen seien. Häufig hätte wohl eine bessere Ernährungs-Einstellung von vornherein manchen schneller "aufs Pferd" geholfen, falls es nicht aufgrund schon zuvor zu stark fortgeschrittener Krankheit zu spät war.


    Das führte zum Teil zu Spannungen in der Gruppe, Frauen fühlten sich häufig schlecht behandelt (mehrere Berichte), wie auch Kinder - schließlich führte es aber auch dazu, dass die Begründungen, warum Sexualtiät mit (auch kleinen) Kindern mit Erwachsenen als gut geheißen wurden, aufflogen.
    Ich glaubte lange, dass hier übertrieben wurde, weil trotz der mehrfachen Verurteilung, zuletzt 15 Jahre stark auf Verleumdung argumentiert wurde. - In Frankreich können ja nicht einmal nackte Kinder oder Erwachsene auf Zeltplätzen ohne weiteres laufen und es wurde damals zeitgleich diskutiert, ob sich ausgezogene Eltern im Badezimmer einschließen sollten.


    Grundsätzlich wurde das Konzept einer offenen Liebe auch von RohkösterInnen außerhalb mehr oder weniger gelebt und getestet. Ein interessanter Fall war dabei eine Frau, die in dem Fall die offene Liebe nützte und so einen zusätzlichen "Onkel" zur der Familie ergänzte. Das verschaffte auch Freiräume. Als jedoch ihr Mann sich später auch für eine Frau "dazu" entschied, entstand ein neues Kind und der Vater wurde "abgezogen", ward viel weniger in der ursprünglichen Familie gesehen.
    Das ist ein großer Unterschied: Ob Energie dazukommt in eine Gruppe oder sie abgezogen wird. Und daher kommt auch die potentielle Angst, die in Eifersucht mündet, wenn man befürchtet, dass der Partner einen anderen Partner hat.
    Entsprechend erleben Kinder ihre Kinderstube.


    In klassischen Familiengesellschaften (die es so längst nicht mehr gibt) wäre dies durch "echte" Onkel und Tanten kein Thema, da besuchen Freier die Frauen in der Nacht und die Onkel und Tanten sahen sich ihren Nichten und Neffen näher verwandt.


    Möglicherweise wurde vermutet, dass die schwierige Situation in inhomogen zusammengewürfelten Gruppen durch homosexuelle Verbindungen eher unterdrückt wurde, doch in Zeiten, in denen auch homosexuelle Paare eine eingetragene Partnerschaft dem Staat gegenüber mit allen Rechten eintragen, sowie Kinder integrieren können, wird das wohl nicht lange so bleiben.


    Einen eher kuriosen Gipfel habe ich mitbekommen, als ein Mann, der sich für Gruppenliebe einsetzt, seine frisch gebackene Kindesmutter verlassen wollte, weil sie "nicht reif genug sei" für seine Tendenz zu offener Liebe.
    Andererseits gibt es einige RohkösterInnen die dem Gesamten nicht wirklich etwas abgewinnen können und eher Energieverlust sehen - oder, auch eine Methode, versuchen, auf diese Weise eine(n) Partner(in) zu bekommen, der/die davor "besetzt" war.
    Diese Sache ist allerdings auch nicht nur in "Rohkostkreisen" zu beobachten.


    Eine Eigenheit die auch implementiert wurde war die Annahme, das Kinder nur dann kämen, wenn man sie - spirituell - "wolle". Dabei wurde diese Theorie auf eine veraltete Aussage zurückgeführt, die noch annahm, dass die Männer eines Naturstammes es in der Hand gehabt hätten, ob Kinder kommen. Später stellte sich aufgrund einer Ethnologin (wie in vielen Stämmen) heraus, dass die Frauen den Mädchen einen Trank gaben, der schließlich bis zu 8 Jahre vor Schwangerschaft schützte, um offen leben zu können bis sie sich schließlich festlegten.
    Kein Wunder, dass dadurch Kinder bei RohkösterInnen entstanden, anscheinend war auch nicht bekannt, dass manche Rohkost-Lebensmittel auch verhütend wirken können und manche Praxis auch nicht. Die Mechanismen sind dabei unterschiedlich, Kassia ist eine der Möglichkeiten (bei Männern, Achtung hier muss man mehr dazu wissen).
    Manche Pflanzen regulieren allerdings auch bei regelmässigem Genuss beider Partner - ohne "Trank".


    Die Theorien und Geschichten sind manigfaltig.
    Zu erwähnen evtl auch die Umlegung mancher alter Mythen: Zum Beispiel die Arthussage, bei der Merlin durch Zauber Unrechtes tut, das eher an Kochkost erinnert. Und doch wird er als "gut" dargestellt - von G C Burger. Dazu gibt es verschiedene Verfilmungen, die zum Teil sehr grausam sind, aber auch sehr unterschiedlich in der Deutung.
    Ich denke, dass all das nichts weltbewegendes gewesen ist, man kann vieles in manche Geschichten deuten. Tragisch ist allerdings, dass die Thematik mit Kindern und Sexualität zu Erwachsenen der europäischen Rohkostszene sehr geschadet hat. Dies Totzuschweigen schadet mehr als es nützt: Man kann ja sagen, dass man sich durch einige Gedanken inspiriert fühlt, aber von dieser Sache absolut Abstand nimmt.
    Ich bin doch etwas schockiert gewesen, dass diese Stellungnahme von manchen ehemaligen Schreibern nicht gemacht werden konnte. Fast glaubte ich, es ist evtl ein falscher Stolz, ein Schuldgefühl jemanden zu verraten den man irgendwie sehr liebgewonnen hat.


    Liebe und Ernährung sind sehr persönliche Themen, die sehr nahe gehen und durchaus auch erschüttern können.


    Wie allerdings auch andere Richtungen, erlebte ich (wie auch andere) die Vertreter jener Gruppierung häufig als sehr dogmatisch in ihren Theorien, obwohl sie das Gegenteil von sich behaupteten. Wer glaubt, frei zu sein von Prägungen, irrt. Aber alles in Frage zu stellen und keinen roten Faden zu suchen, der zur inneren Kraft führt, kann im Chaos enden.


    Apropos Faden: Eine gute spirituelle Anregung zur Stärkung des Kontaktes zum unteren Selbst ist Kahuna. Auch wenn die Literatur dazu zum Teil wie Taschenspielertricks anmutet, der Grundsatz ist gut: Das untere, das mittlere und das obere Selbst. Manche gebrauchen gerne Tarotkarten um ihre Gedanken zu ordnen und die Lösung zu sehen. Andere brauchen das nicht (mehr).


    Dann gibt es noch die Geschichte mit der Spiritualität, Inspiration/Visionen und gelebter Sexualität. Aber auch das gab es schon extra auch davor schon.


    In jedem Fall aber gilt: Rohkost ermöglicht durch gute Praxis eine viel flexiblere, optimistischere und freiere Lebensweise. Die gegenseitige Wertschätzung und Unterstützung die in einer gelebten Gemeinschaft vorhanden sein muss, ersetzt sie allerdings nicht.
    Eine liebe Dame, die in Österreich mindestens eine größere Gemeinschaft gründete sagte mir vor vielen Jahren: Eine Gemeinschaft hält nur zusammen, wenn das Ziel aller Beteiligten grundsätzlich das selbe ist. Ist es das nicht, geht alles früher oder später auseinander. Sei es: Ein schönes, glückliches, gemeinsames Leben zu führen oder sich regelmässig auszutauschen, regelmässig Sport zu betreiben. Was auch immer.


    Mit lieben Grüßen
    Angelika

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