Schwefelhältige Aminosäuren und Rohkost, vegane wie auch omnivore, NEMs und Pulver

  • Grüß euch ihr Lieben,


    es ist indirekt immer wieder ein Thema im Forum und ich möchte es hier nun einmal speziell hervorheben.


    Hinweis: Dieser Text ist länger und etwas intensiv mit Informationen, bitte beim Lesen dafür Zeit nehmen.


    Immer wieder betone ich dass wenn die Makronährstoffe (Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße [essentielle Aminosäuren!]) ausgewogen eingenommen werden, dass dann der Grundapparat, wer mag, bildlich gesehen, die Haupt-Zahnräder auch für die Rohkost - oder insbesondere bei der Rohkost - erst so richtig zur Entfaltung gelangen. Der Körper kann sich damit insb bei Rohkost Ernährung unter Einbeziehung der meist guten Versorgung von Vitaminen und sek. Pflanzenstoffen sehr gut selbst helfen (soweit keine Organschäden etc vorliegen).


    Ich wiederhole kurz, auf was ich ohnehin schön öfter und länger hinweise. "Alte Hasen" kennen diese Punkte, die kleine Details häufiger Fehler sind
    * Traubenzucker/Fruchtzucker-Verhältnis beachten (zuviel Fruchtzucker vermeiden; Verbraucht auch mehr Enzyme -> Leber)
    * Fettsäuren Omega 3/Omega 6 Verhältnis beachten (Omega 6 ist super haltbar und daher auch meist in der Rohkost im zu starken Überhang meist vorhanden; Omega 3 Fettsäuren müssen meist mehr beachtet werden - sie sind leider (und ursächlich) nicht gut lagerbar)
    * essentielle Aminosäuren -> Hier kann man gut herausschmecken, wobei ich das essentielle Lysin häufig auch als limitierenden Faktor in der Rohkost erwähne (wegen Lektinen etc).


    (-> Wer mehr dazu wissen will findet dazu alles im Rohkost-Buch)


    Nun die Betonung, die in Foren evntl noch nicht so durchkam bisher: Die essentielle schwefelhältige Aminosäure Methionin ist gerade auch bei Einbeziehung von Kochkost kritisch und bekannt.


    Woran liegt das: Ist man als Rohköstler die volle Palette, d.h. auch tierische Produkte wie auch natürlich Kreuzblütlerartige, Spargelartige, gibt es das Problem eher nicht. Wobei bei pflanzen prozentuell gesehen am verzehrten Gewicht natürlich weniger enthalten ist.
    Ißt man allerdings als Kochanteil wegen veganer Lebensweise erhitzte Hülsenfrüchte als Eiweißquelle, so wird schlagend, dass dort zwar Lysin abgedeckt wird, Methionin allerdings die limitierende Aminosäure ist. Siehe auch: http://www.vegan.at/protein/protein.html, in dem auch auf die übliche Kombination von Süßgrasartigen und Schmetterlingsblütlern (Mais und Bohnen) hingewiesen wird:


    Zitat

    Jene Aminosäure, die im Verhältnis zum Bedarf am wenigsten enthalten ist, wird als limitierende Aminosäure bezeichnet. In den meisten Getreidesorten ist Lysin die limitierende Aminosäure, in Hülsenfrüchten dagegen Methionin. Durch Kombination verschiedener Proteinquellen kann die biologische Wertigkeit aber deutlich erhöht werden. So ergeben Bohnen und Mais gemeinsam genossen eine Wertigkeit von 99.


    Ißt man also gekocht, ist die Kombination von Lebensmitteln sehr sinnvoll. Naturvölker schmeckten das heraus, auch wir können das (wenn man nach 20 Minuten nach dem Essen wieder in die Küche geht und "sucht" und evtl nichts findet und man halt "irgendwas" ist, besteht dieser Zusammenhang der nicht gut kombinierten Eiweißquelle). Die Kombinationen sind meist sehr wichtig und haben in der Vergangenheit für wahre an Krimis erinnernde Ernährungswissenschafts-Geschichten gesorgt.


    In der Rohkost ist das mit den rohen unfermentierten Schmetterlingsblütenartigen eher kritisch, weil da die Lectine mit voller Wucht zuschlagen können: Sie sind wie trojanische Pferde. Ein Programm/eine Maschine, die eher uns auseinandernimmt als wir sie - kritisch, wenn diese Lebensmittel als Basisnahrung (d.h. hoher prozentueller Anteil) eingesetzt werden.


    Ißt man auch tierisches, ist die Sache mit Methionin bzw schwefelhältigen Aminosäuren in ausreichender Menge "gegessen", d.h. bei ausreichender Versorgung kein Thema.
    Macht man das nicht, muss man zumindest innerhalb einer Zeit ergänzend kombinieren.


    Kreuzblütlerartige sind bekannt für ihr ausgewogenes Aminosäurenverhältnis für uns Menschen, weswegen es auch das klassische Wintergemüse (Kohlsorten etc) darstellt.
    Und seit kurzen haben sie auch eine starke Akzeptanz als Pulver in der Rohkost, da Produkte wie Macapulver bekömmlicher und dichter sind. Durch die Trocknung nimmt man prozentuell mehr Eiweiß ein als durch das Frischeprodukt mit mehr Wasseranteil. Doch genau diese Trocknung bzw die Herstellung und Lagerung dessen hat gegenspielende Effekte zur Folge.
    Wer Macapulver nicht kennt, das Pulver erinnert an "ausgerauchte" (mild gewordene) geriebene Meerrettich(Kren)wurzel (selbe Pflanzenfamilie), ebenso Moringa oder eben Meerrettichbaum (deutscher Name), der an die Blätter des Meerettich erinnert.


    In der Kochkost - sozusagen - werden Nahrungsergänzungsmittel stabilisiert. D.h. es werden Stoffe hinzugefügt die eine unerwünschte Reaktion essentieller (bzw erwünschter) Stoffe unterbinden oder hemmen soll. Zumindest für eine Zeit lang.
    Bei sogenannten Rohkost-Erzeugnissen wird dies nicht gemacht, da diese Zusätze eben nicht roh sind.


    Was hat das zur Folge?
    Zuerst einmal ist der Prozess der Herstellung, der u.U. schon Reaktionen wie Oxidation und AGE/ALEs fördert. Die Herstellungsprozesse werden deshalb gezielt gewählt, um diese Reaktionen schnell und in spezieller Weise zu fördern, damit möglichst kein Off-Flavour (zusätzlich unerwünschter Geschmack) entsteht. Das ist so in der Kochkost und natürlich auch bei sogenannten Rohkost Produkten.


    Gute Information zu diesem Thema gibt hier zu das Buch "Lehrbuch der Lebensmittelchemie" von Belitz, Grosch, Schieberle: http://www.amazon.de/Lehrbuch-…ch+der+Lebensmittelchenie


    Hier gäbe es viel zu zitieren, ich zitiere hier eine kurze Stelle als Beispiel:


    Zitat von Seite 216 in der 6. Auflage


    Veränderungen der Proteine
    Die Reaktionen mit den Hydroperoxiden und deren Folgeprodukten führen zu Veränderungen der Proteine, die sich bei Lebensmitteln auf die Konsistenz und Löslichkeit (Vernetzung von Proteinen), die Farbe (Bräunungsreaktionen)( und den Nährwert (Verlust essentieller Aminosäuren) auswirken können. Die nach Abb. 3.33 aus dem Hydroperoxiden hervorgehenden Radikale greifen in den Proteinen bevorzugt die Aminosäuren Trp, Lys, Tyr, Arg, His und Cystein an, [...]


    eine weitere kurze Stelle:


    Zitat von Seite 218 in der 6. Auflage


    Hemmung der Lipidperoxidation
    [...]
    * Ausschluß von Sauerstoff: Möglichkeiten sind die Verpackung im Vakuum oder ein Zusatz von Glucoseoxidase (cf 2.7.2.1.1) {Hinweis von mir: Kunststoff-Folien sind nicht 100% sauerstoffdicht da organisch, dies sind nur solche mit einer Aluschichte in der Mitte der Folie}
    * Lagerung bei tiefer Temperatur in der Dunkelheit. Die Geschwindigkeit der Autoxidation wird herabgesetzt. Bei Früchten und Gemüsen, die das Enzym Lipoxygenase {Hinweis von mir: Insbesondere alles, was grün ist - z.B. Erbsen sind bekannt, aber auch natürlich Blätter wegen den Chloroplasten aber auch Hafer} enthalten, reicht diese Maßnahme in der Regel nicht aus. Ein Verderb kann nur verhindert werden, wenn das Enzym vorher durch Blanchieren (cf. 2.6.3) inaktiviert wird.
    * Zusatz von Antioxidantien


    Natürlich werden darin auch die natürlichen Antioxidantien wie Tocopherole, Carotinoide, phenolische Verbindungen (z.B. in Gewürzen wie Salbei, Rosmarin, Tee Extrakte) usw behandelt.


    Fazit Pulverprodukte: "Einfach so" sind rohe Produkte nicht stabil und der geschmackliche Unterschied ist gegenüber dem frischen Produkt stark schmeckbar. Besser wohl, wenn es frisch hergestellt ist (erste Veränderung durch Prozess), durch die Blanklegung der großen Oberfläche reagieren die Bestandteile dann allerdings potentiell schnell.


    Nahrungsergänzungsmittel wie Reispulver etc. würde ich deshalb jedenfalls gut verschlossen mit herausgelassener Luft im Kühlschrank aufbewaren, falls dies jemand benützt.
    Das ist immer noch besser als keine Maßnahme.


    Lysin, das oben schon erwähnt wurde (Lys) ist eine sehr basische Aminosäure und wird deshalb gerne als Marker für die Erkennung von Veränderung durch Verarbeitung (AGEs/ALEs) verwendet. Aber auch Methionin wurde und wird gerne zitiert.
    Zur Erinnerung, an anderer Stelle schrieb ich es schon: Methionin und Lysin, zwei der essentiellen Aminosäuren wirken auf uns auch in erhitztem/reagierten Zustand stark verlockend. Bis zu einem kleineren Teil können wir es durch Enzyme zurückbauen, zuviel ist nach vielen Studien Ursache vieler Zivilisationskrankheiten.
    Es ist nicht besser, wenn sie "unter 42 Grad" hergestellt werden wenn sie in Summe ebenso viele werden wie bei Kochkost.
    Wer dies so praktiziert, merkt in der Folge auch kaum einen Unterschied in der Befindlichkeit zwischen Kochkost und Rohkostpraxis.


    In dem oben erwähnten Buch sind auf Seite 218 in der 6. Auflage auch Tabellen gedruckt, u.a. über die Verluste von Aminosäuren bei der Reaktion von Proteinen mit peroxidierten Lipiden. Verluste von 38 % bis 83 % der essentiellen Aminosäure Methionin sind dabei keine Seltenheit, durchaus bei einer Temperatur von 37 °C


    Was bei Reaktionen mit peroxidierten Lipiden entsteht ist zum Beispiel Methionin (Aminosäure) + Methyllinoleat (Lipid) -> Methioninsulfoxid
    Methioninsulfoxid wird - abgesehen davon dass das Methionin nun nicht mehr verwendbar ist, steigt mit zunehmendem Alter in den Körpergeweben, die vermutlich zum Altern beitragen (aus: http://en.wikipedia.org/wiki/Methionine_sulfoxide)
    Hier steht auch bestätigend mit Quelle, dass die schwefelhaltigen Aminosäuren Methionin und Cystein leichter als die anderen Aminosäuren oxidieren. Im Gegensatz zur Oxidation anderer Aminosäuren, kann die Oxidation von Methionin durch enzymatische Aktion rückgängig gemacht werden (bis zu einem gewissen Grad).


    Alles in allem schaut es also nicht so gut aus, wenn man sich auf ungeschützte Nahrungsergänzungsmittel bzw ungeschützte pulverisierte Rohkost-Produkte als Eiweißquelle verläßt.


    Außerdem sollte man Lebensmittel, in denen mehr Stoffe als sonst enthalten sind, die zusätzlich auch noch die Cysteinaufnahme hemmen (Avocado. Sonnenblumenkerne) eher meiden. Genau das wird aber nicht nur nicht von veganen Rohköstlern, sondern allgemein von Rohköstlern nicht gerne berücksichtigt. Beide enthalten auch gut Omega 6 Fettsäuren, die bewirken dass diese Lebensmittel einfach verlockend gut lange gelagert werden können bzw sich damit die Organisation der Versorgung leichter umsetzen läßt.


    Zuletzt zitiere ich aus dem Buch "Proteine - nutritive und funktionelle Eigenschaften" von Westphal, Gerber und Lipke: http://www.amazon.de/Proteine-…%C3%A4hrung/dp/3540002324


    Dies deshalb weil hier auch der Zusammenhang Methionin mit Folsäure, Glutathion, Cystein und Taurin schön kurz zusammengefasst ist. Taurin war ja kürzlich als möglicher Tipp als Ersatz für Energydrinks erwähnt worden. Wer mit Taurin Probleme hat, sollte allerdings anders ansetzen.
    Hier das Zitat von Seite 301, Auflage aus dem Jahr 2003:


    Zitat


    [...]
    Das essentielle Methionin (Met) ist Teil des C1-Stoffwechsels (Methylgruppe) und Vorstufe für das Homocystein (unter Mitwirkung von Folsäure). Met kompensiert den mit der uringebundenen Kreatinin-Ausscheidung verbundenen Verlust des C1-Bausteins (s. Fürst 1998).
    Das mit dem Met wechselseitig wirkende Cystein (Cys) entsteht in der Leber aus Met. Als Komponente im Glutathion (GSH, vgl. Kap. 1) ist es an Redoxprozessen beteiligt. Bei Entzündungsprozessen, z.B. infolge Endotoxin- oder TNF-Wirkung, fungieren die Makrophagen als Cys-Transporter. Glu gilt als Antagonist (Grimble u. Grimble 1998).
    Das vom Cys abgeleitete Taurin ist das quantitativ bedeutendste freie Amin in menschlichen Zellen. Es trägt zur Stabilisierung der Membranpotentiale bei und unterstützt den Ca-Transport. Taurin ist ein positives ionotropes und antiarrhythmisches Substrat, es moduliert die Apoptose und schützt vor oxidativer Schädigung. Es dämpft die NO- und TNF-Bildung und istz.B. bei katabolem Stress und bei Urämie unverzichtbar. Taurin wirkt als konjugatbildendes Amin (Fürst 1997). Seine Konzentration kann durch Cys-Gaben angehoben werden, darüber wird die eingeschränkte Aktivität der Cystathionase z.B. im Fötus, bei Früh- oder Neugeborenen, aber auch bei Lebererkrankungen verbessert. Angehoben wird auch die T-Zellen-Aktivität. Zur Prävention ist auf eine ausreichende Bereitstellung von Met etwa in Form von Fleisch und Käse zu achten, weil darüber Cys und dann Taurin gebildet werden (Belle 1994; Desi 1992; Huxtable 1992).


    Wenn man merkt dass man eher kränklich ist bzw merkbare Schleime ausscheidet (aus dem Mund), ist auch evtl zuwenig davon dabei. Ein Grund, dass ich täglich Kreuzblütler auch nur in geringer Menge mit einbeziehe (schwefelhältige Senfölglykoside).


    Etwas zur Auflockerung am Schluß aus http://www.chemieunterricht.de/dc2/schwefel/s-org-verb.htm


    Zitat

    Viele Naturstoffe sind organische Schwefelverbindungen
    Diese spielen einmal die Rolle einer Abwehr von Fressfeinden. Andererseits zieht offenbar der Geruch der Lilien spezielle Fressfeinde wie Käfer erst richtig an.
    Zudem scheinen die schwefelorganischen Verbindungen auch so verführerisch zu duften, dass sie auch als Sexuallockstoffe dienen. Erinnert sei an den Geruch der Marder, hier vor allem an den des Stinktiers. Verliebte Kater markieren damit ihr Revier. Eine regelmäßige Einnahme von Vitamin B1 soll angeblich Mücken vertreiben - meistens aber eher den Partner. Aber auch der Geruch nach frisch geröstetem Kaffee beruht auf organischen Schwefelverbindungen; manche meinen sogar, dass der aus der TV-Werbung hinreichend gelobte Geruch eher an "verliebte Kater" als an Gala-Veranstaltungen erinnere. Gleiches gilt für den Fruchtschnaps "Cassis", den man aus der schwarzen Johannisbeere herstellt (-> Frage/Antwort 992).


    Sagenhaft sind auch die Geruchsnoten der Liliengewächse. Dazu gehören bekanntlich Zwiebeln und Knoblauch. Mit letzterem verjagt man der Sage nach Vampire. Viele Menschen bemerken nach Spargelgenuss, dass ihr Urin stinkt. (Auf dieser Webseite kann man mehr zu den schwefelhaltigen Naturstoffen lesen. Dort findet man auch Beispiele für Strukturen.)


    Also, wer auf Kaffee "steht", könnte sich evtl auch seine sonstige schwefelhältige Aminosäurenversorgung ansehen ;)
    Achtung, zuviel veränderte (geröstete) Schwefelverbindungen bringen uns nicht wirklich etwas (siehe weiter oben).


    Hinweis Flavismus (Substanzen der wehrhaften Schmetterlingsblütler)


    Zuletzt der Hinweis, dass all dies auch indirekt mit Vitamin B12 zu tun hat. Zusammenhang von Vitamin B12, Folsäure, Vitamin B2, Vitamin B6, Methionin und Cystein: http://www.univie.ac.at/nutrig…aehrstoffe/5_VitB12_K.pdf



    Fazit: Keines dieser Zahnräder und Zahnräderchen darf fehlen, wenn es im Gesamten funktionieren soll.
    Weglassen von Lebensmitteln wie auch Manipulation wie Oxidation, AGEs/ALEs kann in der Folge weitreichende, mitunter (noch) undurchschaubare Folgen haben.


    Mit lieben Grüßen
    Angelika

  • Grüß euch,


    nachdem ich gestern wegen Familie den Text nicht mehr ergänzen/bearbeiten konnte - dies habe ich jetzt gemacht (inkl B12-Hinweis).
    Diesen Eintrag lösche ich nach einiger Zeit.


    Mit lieben Grüßen
    Angelika

  • Ich weiß nicht mehr, was ich damals hierzu noch ergänzend konkret schreiben wollte, hier ein Beitrag, der betreffend der Avocados dazupaßt: http://www.rohkostforum.net/th…he-Rohkost-Betrachtung-II

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