Man lebt von Moment zu Moment. Man handelt von Augenblick zu Augenblick. Jeder Augenblick Ist vollkommen, so wie er ist. Man plant nicht voraus, man hat sich nicht entschieden wie man handeln wird. Der Moment kommt, und man handelt, ohne vorgefasste Beschlüsse und Pläne. Der Moment kommt zu euch; ihr lebt den Moment und lasst alles so kommen, wie es kommt.
Je spontaner man ist, desto stärker wird das Gefühl, dass eine ganz neue Art von Disziplin in einem heranreift: eine Disziplin von Augenblick zu Augenblick. Das ist eine völlig andere Dimension der Disziplin — darum ist es besser, die Sache ganz klar zu verstehen.
Also: Wenn man seine Handlungen vorausplant, beweist man damit, dass man sich nicht für bewusst genug hält, spontan im Moment zu handeln. Man hat kein Selbstvertrauen – darum muss man sich vorher entscheiden. Man entscheidet sich im Voraus, und dabei ist man nicht einmal in der Lage, spontan im Moment zu handeln – wie kann man dann etwas im Voraus entscheiden?
Wenn man sich nicht heute schon für morgen entscheidet, ist man morgen um einige Erfahrungen reicher.
Wenn man sich schon jetzt entscheidet, ist man um genau diese notwendige Erfahrung ärmer. Wenn ich nicht heute an mich glauben kann, wie sollte ich mir morgen vertrauen? Es ist sinnlos, etwas vorauszuplanen, es ist wirklich nur destruktiv!
Morgen ist alles anders, und ich habe mich schon heute für meine morgigen Handlungen entschieden...Alles ist neu, der Moment ist neu, ich bin neu – und meine Entscheidung ist alt. Und wenn ich mich jetzt nicht meinem Plan entsprechend verhalte, habe ich ein schlechtes Gewissen.
Alle Leute, die gute Vorsätze lehren, lehren letzten Endes ein schlechtes Gewissen. Wenn man es nicht macht, fühlt man sich schuldbewusst – und wenn man es macht, kann man es nicht richtig machen, weil man nicht im Augenblick leben kann. Daraus folgt endlose Frustration. Wenn ich euch also sage, euch an keine Entscheidung zu binden, dann nur, damit ihr frei werdet. Lasst jeden Augenblick, jede Handlung auf euch zukommen und lasst euer ganzes Wesen die Entscheidung treffen. Lasst die Entscheidung in der momentanen Handlung liegen; lasst sie niemals der Handlung vorausgehen. Sonst können eure Handlungen nie total sein. Es muss einem ganz klar sein, dass im Voraus getroffene Entscheidungen immer intellektuelle Entscheidungen sind. Das gesamte Wesen kann nie beteiligt sein, denn der Moment ist schließlich noch nicht gekommen.
Wenn ich jemand liebe und im Voraus beschließe, mich so und so zu verhalten, wenn ich den oder die Geliebte treffe, dass ich dies oder das sagen werde und das eine tun und das andere lassen werde – kann es nur ein intellektueller Beschluss sein. Es kann nie total sein, denn der Moment ist schließlich noch nicht gekommen. Das ganze Wesen wird nicht gefordert— wie sollte es also handeln? Und wenn ich meine Handlungsweise vorherbestimmt habe, wird mein gesamtes Wesen nicht in der Lage sein, angemessen zu handeln, wenn der Augenblick gekommen ist, weil die Entscheidung dazwischensteht. Ich kann nur Imitieren, kopieren, das Vorgefasste nachahmen und ein falsches Gesicht tragen—Ich kann nicht authentisch sein, weil ich nicht total sein kann, wenn ich nach einem Schema handele.
- Osho - Ich bin der Weg (I am the gate) S 39 -